Article sur les violences policières sur le « Zeit Online »

Serge D’Ignazio
Mes reportages photos (à partager sans modération)

Polizeigewalt in Frankreich: Neue Gummigeschosse sind schon bestellt

Frankreichs Polizei geht mit Härte gegen die Demonstrierenden vor. Dahinter steckt offenbar eine neue Strategie: Man will nicht noch einmal die Kontrolle verlieren.
Polizeigewalt in Frankreich: Waffe mit Gummigeschoss: Hier zielt ein französischer Polizist am 1. Mai auf eine Demonstration der Gelbwesten.
Waffe mit Gummigeschoss: Hier zielt ein französischer Polizist am 1. Mai auf eine Demonstration der Gelbwesten. © GEOFFROY VAN DER HASSELT/​AFP/​Getty Images

Der zerschmetterte Schädel, den Laurent Thines an diesem Tag auf seinem Operationstisch sah, erinnerte den Chirurg an Verunglückte bei einem Autounfall. Der Arzt aus dem ostfranzösischen Besançon behandelt seit Wochen Demonstrierende, Gelbwesten und auch einfach nur Passanten, die von Polizeigewalt betroffen sind. Darunter seien auch Menschen, denen ein Gummigeschoss das Auge zerstörte, erzählt Thines. Das Ausmaß der Gewalt lässt sich in einer Statistik des Journalisten David Dufresne ablesen: 25 Menschen verloren Augen, fünf Hände, hunderte wurden schwer verletzt. Die meisten Opfer sind Demonstrierende, aber Dufresne listet auch mehr als hundert Journalisten, 46 Minderjährige und 70 Passantinnen, die von einem Schlagstock, einer Granate oder einem Gummigeschoss getroffen wurden.

« Diese staatliche Gewalt an Menschen, die für ihre soziale Sicherheit demonstrieren, muss aufhören », sagt Chirurg Thines. Nach dem Gespräch schickt er Röntgenaufnahmen von Opfern, die seine Kollegen ihm sendeten: Bilder von löchrigen und zertrümmerten Schädeln etwa, von blutüberströmten und narbigen Gesichtern.

In diesen Tagen gehen wieder Tausende auf die Straße, um gegen die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron zu demonstrieren. Thines fürchtet, dass wieder viele Menschen Hände und Augen verlieren werden. Dass die französische Polizei wieder schwer bewaffnet sein wird, dass sie wieder Gummigeschosse und Blendgranaten einsetzt. Ende November hat das Innenministerium offiziell einen Großauftrag für die « LBD »-Gummibälle ausgeschrieben. Sie werden mit mehr als 300 Stundenkilometer abgeschossen – laut Thines ist der Aufprall auf dem Körper so hart, als ließe man einen 20 Kilogramm schweren Betonklotz aus einem Meter Höhe auf den Kopf fallen. Die Blendgranaten setzt die Polizei ein, um eine Demonstration aufzulösen oder zu zerstreuen.

Kurzum: Frankreich ist im Ausnahmezustand. Der Zugverkehr ist von den streikenden Zugführern und Schaffnern seit Anfang Dezember weitestgehend lahmgelegt, an manchen Tagen fährt gar kein Fernzug, an anderen einer von dreien. Am kommenden Dienstag werden landesweit Lehrer, Schaffnerinnen, Müllmänner und Feuerwehrleute streiken. Sie wollen die Rentenreform verhindern, die für alle ein einheitliches Punktesystem und ein um zwei Jahre späteres Eintrittsalter von 64 Jahren vorsieht.

Polizeigewalt wurde lange ignoriert

Chirurg Thines hat wie viele andere inzwischen Angst, zu demonstrieren. Und auch Journalistinnen und Journalisten sind bei ihrer Arbeit bedroht. Vergangene Woche traf es einen türkischen Fotografen: Sein Schutzhelm wurde von einer Blendgranate zertrümmert, sein Auge verletzt. Diese Woche wurden zwei angehende Reporter einer renommierten Journalistenschule im nordfranzösischen Lille verhaftet, als sie einen Polizeieinsatz filmten. « Es ist das Recht von Journalisten, Aufnahmen zu machen », twitterte  die Hochschule. Es sei nicht hinnehmbar, diese Grundrechte einzuschränken. Die Pressefreiheit hat in Frankreich seit den Gelbwestenprotesten gelitten: Das Land liegt im Ranking von Reportern ohne Grenzen nur noch auf Platz 32.

Französinnen und Franzosen sind stolz auf die französische Erklärung der Menschenrechte von 1789. Sie betonen oft, wie freiheitlich das Land sei. Vielleicht wurde wegen der großen Kluft zwischen diesem Anspruch und der auf YouTube und Facebook tausendfach dokumentierten staatlichen Gewalt diese lange verdrängt. In Zeitungen, Talkshows und beim täglichen Gespräch beim Bäcker oder auf dem Schulfest wurde die neue Doktrin der Polizei ignoriert oder kleingeredet. Die Menschen sehen zwar die Bilder der gewaltsamen Zusammenstöße in den Medien, aber viele wollen nicht wahrhaben, dass dahinter tatsächlich eine neue Politik der gewaltsamen Konfrontation steckt. Oft wird dann argumentiert, die Demonstrierenden seien ja ebenfalls gewalttätig, die Betroffenen hätten die Polizisten provoziert und seien letztendlich selbst schuld.

Die Bundesregierung, die zusammen mit Frankreich Gewalt gegen Protestierende in Russland oder Hongkong anprangert, hat noch kein Wort über die französische Polizei verloren. Auch in den deutschen Medien las man bislang wenig dazu. « Sie wollen nicht wahrhaben, dass Frankreich eine autoritäre Wende vollzogen hat », urteilt Chirurg Thines. Seit drei Jahrzehnten behandelt er Opfer von Gewalt in seinem Operationssaal und immer mal wieder auch verletzte Demonstrierende. « Aber noch nie habe ich so viele für ihr Leben gezeichnete Menschen gesehen wie in den vergangenen Monaten. »

Neue Gummigeschosse sind schon bestellt

Seite 2/2:

« Geht auf sie los, ohne Rücksicht auf Verluste »

Doch inzwischen schauen auch französische Medien kritischer hin. Die Zeitung Le Monde hat eine eigene Rubrik zur Polizeigewalt eingeführt und vor wenigen Tagen publik gemacht, warum die Beamten gezielt brutal gegen Demonstrierende vorgehen: Alles begann, als zu den Protesten Anfang Dezember 2018 mehr Menschen kamen, immer mehr Steine flogen und Holzbarrikaden in Brand gesetzt wurden. Schließlich protestierten mehr als 200.000 Menschen, die Bilder des mit Steinen malträtierten Triumphbogens an der Champs-Élysée gingen damals um die Welt. Macron hatte, so der Tenor vieler Kommentatoren damals, die Kontrolle verloren.

Häufig trifft es Unschuldige

Das ist nun ein Jahr her und die Liste der Opfer bei den Demonstrationen wird länger. Der Journalist Dufresne hat in seiner mehrfach ausgezeichneten Dokumentation für jedes Opfer Fotos oder Videos und Augenzeugen, das Innenministerium widerspricht seinen Zahlen nicht. Er beweist auch: Die Polizeigewalt trifft häufig Unschuldige und zufällig vorbeilaufende Passanten.

So wie Adrien, der nur seinen Vornamen nennen möchte, ein 23-Jähriger, den auf der zweiten Demonstration seines Lebens am 29. Dezember 2018 ein Gummigeschoss am Kopf traf. Fünf Tage lang schwankte der junge Mann zwischen Leben und Tod, heute erzählt er mit brüchiger Stimme im Radiointerview, dass er Angst habe, das Haus zu verlassen. Er erleide immer heftigere epileptische Anfälle und werde sehr wahrscheinlich in den kommenden Jahren an einer Blutung im Gehirn sterben. Die Narbe zieht sich über die gesamte linke Seite seines Schädels.


Violence policière en France: de nouvelles balles en caoutchouc ont déjà été commandées

La police française est dure avec les manifestants. Il y a évidemment une nouvelle stratégie derrière cela: vous ne voulez plus perdre le contrôle.
Violence policière en France: Arme à feu avec balle en caoutchouc: Ici un policier français vise une manifestation des gilets jaunes le 1er mai.
Pistolet à balle en caoutchouc: Ici, un policier français vise une manifestation des gilets jaunes le 1er mai. © GEOFFROY VAN DER HASSELT / AFP / Getty Images

Le crâne brisé que Laurent Thines a vu sur sa table d’opération ce jour-là a rappelé au chirurgien un accident dans un accident de voiture. Le médecin de Besançon, dans l’est de la France, soigne des manifestants, des gilets jaunes et juste des passants qui sont victimes de violences policières depuis des semaines . Parmi eux se trouvent des personnes dont la balle en caoutchouc a détruit leurs yeux, explique Thines. L’ampleur de la violence est visible dans les statistiques du journaliste David Dufresne : 25 personnes ont perdu les yeux, cinq mains et des centaines ont été grièvement blessées. La plupart des victimes sont des manifestants, mais Dufresne répertorie également plus d’une centaine de journalistes, 46 mineurs et 70 passants qui ont été frappés par une matraque, une grenade ou une balle en caoutchouc.

« Cette violence d’État contre les personnes qui manifestent pour leur sécurité sociale doit cesser », explique le chirurgien Thines. Après l’entretien, il envoie des radiographies des victimes que ses collègues lui ont envoyées: photos de crânes percés et brisés, de visages ensanglantés et piqués.

Ces jours-ci, des milliers de personnes descendent dans la rue pour manifester contre la réforme des retraites du président Emmanuel Macron . Thines craint que de nombreuses personnes ne perdent à nouveau les mains et les yeux. Que la police française sera à nouveau lourdement armée, qu’elle utilisera à nouveau des balles en caoutchouc et des grenades assourdissantes. Fin novembre, le ministère de l’Intérieur a annoncé officiellement une commande importante de balles en caoutchouc « LBD » . Ils sont abattus à plus de 300 kilomètres à l’heure – selon Thines, l’impact sur le corps est aussi dur que si un bloc de béton de 20 kilogrammes était tombé sur la tête d’une hauteur d’un mètre. La police utilise les grenades assourdissantes pour disperser ou disperser une manifestation.

En bref: la France est en état d’urgence. Le trafic ferroviaire est largement paralysé par les grévistes et conducteurs de train depuis début décembre, certains jours il n’y a pas de train longue distance, d’autres un sur trois. Mardi prochain, des enseignants, des conducteurs, des ramasseurs d’ordures et des pompiers vont frapper à travers le pays. Ils veulent empêcher la réforme des retraites, qui prévoit un système de points uniforme pour tout le monde et un âge d’entrée de 64 ans deux ans plus tard.

Le chirurgien Thines, comme beaucoup d’autres, a maintenant peur de manifester. Et les journalistes sont également menacés dans leur travail. La semaine dernière, il a touché un photographe turc: son casque de sécurité a été brisé par une grenade flash, son œil a été blessé. Cette semaine, deux reporters potentiels d’une prestigieuse école de journalisme de Lille, dans le nord de la France, ont été arrêtés pour avoir filmé une opération policière. « C’est le droit des journalistes de prendre des photos », a tweeté  l’université . Il est inacceptable de limiter ces droits fondamentaux. La liberté de la presse a souffert en France depuis les manifestations du gilet jaune: le pays n’est que 32ème au classement des reporters sans frontières .

Les Français sont fiers de la Déclaration française des droits de l’homme de 1789. Ils soulignent souvent à quel point le pays est libéral. Peut-être en raison de l’écart important entre cette affirmation et la violence d’État documentée des milliers de fois sur YouTube et Facebook, elle a longtemps été supprimée. La nouvelle doctrine de la police a été ignorée ou bafouée dans les journaux, les talk-shows et lors des conversations quotidiennes à la boulangerie ou à la fête de l’école. Bien que les gens voient les images d’affrontements violents dans les médias, beaucoup ne veulent pas admettre qu’elles sont en fait basées sur une nouvelle politique de confrontation violente. On fait alors souvent valoir que les manifestants sont également violents, que les victimes ont provoqué la police et sont finalement à blâmer.

Le gouvernement fédéral, qui, avec la France, a dénoncé la violence contre les manifestants en Russie ou à Hong Kong, n’a pas dit un mot sur la police française. Jusqu’à présent, peu de choses ont été lues à ce sujet dans les médias allemands. « Ils ne veulent pas admettre que la France a pris un virage autoritaire », a expliqué le chirurgien Thines. Pendant trois décennies, il a soigné des victimes de violence dans sa salle d’opération et occasionnellement blessé des manifestants. « Mais je n’ai jamais vu autant de personnes attirées pour leur vie que ces derniers mois. »

Page 2/2:

« Montez sur eux, quelles que soient les pertes »

Mais les médias français ont désormais un regard plus critique. Le journal Le Monde a lancé sa propre rubrique sur les violences policières et a publié il y a quelques jours pourquoi les responsables ciblent brutalement les manifestants : tout a commencé lorsque les manifestations début décembre 2018 ont vu plus de personnes voler, des pierres et des barricades en bois incendiées étaient. Finalement, plus de 200 000 personnes ont manifesté, et les photos de l’arc de triomphe sur les Champs-Élysée, maltraitées avec des pierres, ont fait le tour du monde à l’époque. Macron, de nombreux commentateurs à l’époque, avait perdu le contrôle.

Elle affecte souvent des innocents

C’était il y a un an et la liste des victimes des manifestations s’allonge. Dans son documentaire primé, le journaliste Dufresne a des photos ou des vidéos et des témoins oculaires pour chaque victime; le ministère de l’Intérieur ne contredit pas ses chiffres. Cela prouve également que la violence policière frappe souvent des innocents et des passants par hasard.

Comme Adrien, qui veut juste donner son prénom, un homme de 23 ans qui a été touché par une balle en caoutchouc à la tête lors de la deuxième manifestation de sa vie le 29 décembre 2018. Le jeune homme a oscillé entre la vie et la mort pendant cinq jours, aujourd’hui, il dit d’une voix cassante à l’interview radio qu’il a peur de quitter la maison. Il connaît des crises d’épilepsie de plus en plus violentes et mourra très probablement de saignements au cerveau dans les années à venir. La cicatrice s’étend sur tout le côté gauche de son crâne.

Ce champ est nécessaire.

Soyez le premier à commenter

Poster un Commentaire

Votre adresse de messagerie ne sera pas publiée.


*